Moin, moin, liebe Freundinnen und Freunde,
uns alle beschäftigt in diesen Tagen das aus meiner Sicht erschreckende Ergebnis der Bundestagswahl. Wir haben die letzten Jahre eine Verschiebung des politischen Diskurses und der Meinungsbildung nicht nur in Deutschland erlebt und – auch angesichts der relativ hohen Wahlbeteiligung – nun ein gutes Bild bekommen, wo wir gerade stehen: Über 21% haben rechtsradikale Parteien gewählt, gerade wegen ihres Programmes. CDU/CSU unter Merz und Söder haben genauso wie FDP und BSW versucht, sich mit populistischen Äußerungen und Forderungen nach deutlich mehr Abschiebungen von Migrant*innen und Geflüchteten und einer Abschottung Deutschlands zu profilieren. Und sie wurden dennoch oder deshalb gewählt. SPD und GRÜNE agierten unklar und verloren deutlich. Die Linke hat von ihrer klaren Abgrenzung von diesen Forderungen und der Besetzung des Themas soziale Gerechtigkeit profitiert. Und vor allem bei jungen Wähler*innen haben die sog. Parteien der – nach rechts gerückten – politischen Mitte wenig Zustimmung erhalten. Für die neue Bundesregierung von CDU/CSU und SPD wird es nicht einfach: eine destruktive, polemische AfD wird versuchen, den politischen Diskurs weiter zu bestimmen. Linkspartei und wohl auch GRÜNE werden Defizite in den Themenfeldern Umwelt-, Sozial- und teilweise auch Friedenspolitik thematisieren.
Was die neue Bundesregierung betrifft, so hätte es schlimmer kommen können – aber viel Gutes erwarte ich nicht. In Sachen Aufrüstung, Überwachungsstaat oder noch restriktivere Asyl- und Flüchtlingspolitik gibt es weitgehende Übereinstimmungen. Umwelt- und Klimaschutz dürften weiter sträflich vernachlässigt, die soziale Umverteilung fortgesetzt werden etc. Und für die demokratische Zivilgesellschaft könnte es ungemütlich werden: Eine kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion zeigt, dass sie kritische Organisationen mit üblen Unterstellungen verunsichern, möglichst zum Schweigen bringen will. Das Förderprogramm „Demokratie leben!“ soll ins Bundesinnenministerium und entsprechend profiliert werden. Organisationen, die sich trauen, weiter Politik der Unionsparteien zu kritisieren, drohen bei Förderanträgen leer auszugehen. Auch hier setzen CDU/CSU das um, was die AfD schon lange verfolgt, vor allem in ostdeutschen Bundesländern, wo sie ja mit Abstand die stärkste Kraft geworden ist, aber auch im Bundestag. Es wird schwierig, die eigene Arbeit abzusichern und zugleich offensiv zu agieren: für die Schwachen, gegen eine Aushöhlung der Demokratie, für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und faktenbasierte Diskurse.
Viel Erfolg und Spaß bei und neben der Arbeit wünscht Ihnen und Euch auch im Namen der Geschäftsstelle. Schalom
Jan Gildemeister |