Moin, moin, liebe Freundinnen und Freunde,
am 8. Mai feiern wir mit vielen anderen 80 Jahre Befreiung vom NS-Terror und Ende des Zweiten Weltkrieges, im Land Berlin ist dies sogar ein Feiertag. Die letzten Überlebenden konnten in den Tagen aus Konzentrationslagern befreit werden, viele, die sich von den Schergen des Terrorsystems und deren Handlanger*innen versteckt hatten, erlangten ihre Freiheit wieder, darunter auch Deserteure. Nach Jahren eines schrecklichen Krieges in vielen Regionen der Welt mit Millionen an Toten, Verletzten und Traumatisierten ruhten die Waffen zunächst in Europa, nach und nach auch auf den anderen Kontinenten. Im August gedenken wir dann auch den Opfern der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki.
Der Anlass, dass Ende dieser von Deutschland verursachten bzw. ausgehenden, Menschengemachten ungeheuren Katastrophe, ist wahrlich ein Grund zur Freude. Zugleich ist es kaum möglich unbeschwert zu feiern. In der Ukraine tobt nach dem russischen Angriff seit über drei Jahren ein schrecklicher Krieg in Europa. Dürfen da offizielle Vertreter Russlands an Gedenkfeiern teilnehmen? Zudem gibt es sehr unterschiedliche Positionen, welche Konsequenzen heute aus 80 Jahre Kriegsende und NS-Terror zu ziehen sind: Was bedeutet dies mit Blick auf den Krieg in der Ukraine oder auch im Nahen Osten?
Die Wahlerfolge der AfD sind ein Anzeichen für ein erstarken rechtsextremer Kräfte in Deutschland, die Debatte um Flucht und Asyl oder sozial Bedürftige nehme ich zunehmend als Menschenverachtend war. Aber in den Spuren der Nationalsozialisten will sich (fast) niemand sehen.
Angesichts der heutigen Krisen und Konflikte in Deutschland und weltweit sowie der Herausforderungen für ein angemessenes Gedenken vermute ich, dass es sich vor allem in Reden und Stellungnahmen von staatlich und gesellschaftlich Verantwortlichen und wenigen Feiern erschöpfen wird. Ich wünsche mir hingegen ein kollektives Gedenken, auch mit denjenigen, die selbst oder deren Eltern erst später nach Deutschland gekommen sind. Was ist vor 80 Jahren und auch danach geschehen? Was bedeutet dies für heute? Es gäbe sehr viel zu bereden, natürlich kontrovers. Und dabei gemeinsam zu lernen.
Und die Perspektive der Länder des globalen Südens auf den Zweiten Weltkrieg ist noch einmal eine andere und in Deutschland weitgehend unbekannt; sie wurden durch ihre Kolonialmächte mit hineingezogen. Für die afrikanischen Staaten steht dies im Kontext zu einem anderen Jahrestag, dem 140. Jahrestages der Berliner Konferenz 1884-85. Damals beschlossen die europäischen Großmächte, oft unterstützt durch missionarische Interessen, die Aufteilung Afrikas in Kolonien. Zu diesem Anlass werden ÖRK und seine Partnerorganisationen bei einem Treffen in Deutschland den Beitrag der Kirchen zur Anerkennung der Menschlichkeit, Würde und Hoffnungen von Afrikaner*innen sowie Menschen afrikanischer Abstammung reflektieren.
Viel Erfolg und Spaß bei und neben der Arbeit wünscht Ihnen und Euch auch im Namen der Geschäftsstelle.
Schalom
Jan Gildemeister |